Auf jeden Fall stand seine Südwestwand, welche man normalerweise klettert natürlich ganz oben auf unserer Bucket-List, seitdem Denni und ich wussten, dass es nach Peru geht. Die Normalroute, auch " ist mit AD+ (assez difficile/ziemlich schwierig) bewertet. Allerdings wird sie seit mehreren Jahren wegen schlechter Bedingungen kaum mehr begangen. Heutzutage geht man die "Ferrari Route", benannt nach ihrem Erstbegeher, welche mit D+ (difficile/schwierig), also ein bisschen schwerer bewertet ist. Dadurch jedoch, dass sie so viel begangen wird, ist das Eis ziemlich eingehackt, was das ganze ein bisschen angenehmer gestaltet.
Denni und ich machen uns also auf den Weg. Da der Zustieg relativ lang ist, ist es ratsam, sich für die ersten zwei Tage Esel zu mieten, die einem den Weg im wahrsten Sinne des Wortes ein wenig erleichtern. Damit das ganze nicht zu teuer wird, bringen wir zwei Kollegen aus den Staaten dazu, uns zu begleiten. Wir fahren also mit dem Taxi nach Cashapampa (ca. 2900 m), dem Ausgangsmaterial für den beliebten Santa Cruz Trek, als auch den Alpamayo. Dort warten dann auch schon unsere Esel und ihr Treiber auf uns. Wir machen uns auf zu unserem ersten Camp: Llamacorral (3750 m).
Das ganze kostet uns ca 3,5 Stunden. Dort angekommen, schlagen wir unser Camp am sich durchs grüne Tal schlängelnden Fluss zwischen weidenden Kühen und Eseln auf.
Nach einer angenehmen Nacht und einem leckeren Frühstück geht es am nächsten Tag um 8 Uhr weiter. Es wird ein langer Tag werden: die Esel begleiten uns bis zum Alpamayo-Basecamp (4300 m), was uns wiederum ca. 4 Stunden kostet. Leider müssen wir uns hier von unseren haarigen, teilnahmslosen Freunden verabschieden, unsere Lasten selber buckeln und weitere 600 Höhenmeter bis zum Moraine-Camp auf 4900 m zurücklegen.
Im Moraine-Camp hat man einen wunderbarem Blick
Nach einer windigen Nacht erwartet uns am nächsten Tag der technischste Teil der ganzen Expedition: der Zustieg zum Col-Camp beinhaltet einen kurzen Gletscherhatsch, gefolgt von drei Seillängen Kletterei direkt aus Col. Die zweite Seillängen ist relativ einfaches Gelände, während die erste und die dritte Seillänge jeweils kurze Steileispassagen beinhalten, die allerdings auch ausgehackt und dadurch gut kletterbar sind. Allerdings machen es die Bomben auf unseren Rücken, die geschätzt irgendwas zwischen 17 und 20 kg wiegen, nicht gerade einfacher.
Die erste Länge im Zustieg zum Col-Camp: die Schwierigkeit hier ist ein ca. 10 m länger steiler Eisgully
Kurz vor dem Camp: auch die dritte Länge hat steiles Eis zu bieten
Das Camp auf dem Alpamayo-Quitaraju-Col
Als wir das Col endlich erreichen, richten wir uns für unsere bisher höchste Nacht ein - das Col liegt auf 5400 m. Es heißt also wie immer: Zelt aufbauen, einrichten, Schnee schmelzen, viel trinken, etwas essen,,Aspirin ist auch nicht verkehrt, dann noch 10 Minuten Hörbuch und um spätestens 7 Uhr Abend schlafen wir. Sollten wir zumindest. Ein bisschen später wird es dann doch - gar nicht so cool, denn um Mitternacht klingelt der Wecker. Aus dem Zelt heraus wird dann Wasser gekocht, für Kaffee und Travellunch. Irgendwann müssen wir aber doch die warme Geborgenheit unserer Schlafsäcke verlassen. Anziehen muss nicht sein, wir haben natürlich in voller Montur geschlafen. Also Schuhe an, raus aus dem Zelt, kletterbar tummeln die Hüfte, Steigeisen an die Füße, Rucksack auf den Buckel, Eisgerät in die Hand, sich ins Seil einbinden und Vamonos. Bis wir losgehen ist es schließlich einUhr morgens. Vor uns ist glücklicherweise nur eine Seilschaft, zwei nette Ecuadorianer, was für den Alpamayo keine Selbstverständlichkeit ist. Und wir haben auch noch so viel Glück, das die beiden kaum Eis auf uns regnen lassen (wobei sich ein bisschen Einschlag neunmal nicht vermeiden lässt). Unsere amerikanischen Freunde sind so nett, uns den Vortritt zu lassen. Am Bergschrund packen wir schließlich das zweite Halbseil aus, und richten uns ein ab jetzt Überschlag zu klettern.
Die ersten beiden der insgesamt sieben Längen gehen leicht von der Hand: mäßig steiles Firngelände. Hier muss nicht viel gesichert werden. Denni übernimmt die Führung in der ersten Länge und rennt ohne Umschweife zum Stand (die glücklicherweise durch die vielen Begehungen gut eingerichtet sind). Ich folge, mache es in der zweiten Länge ähnlich und dann geht die eigentliche Kletterei los.
Nach der siebten Länge sind wir am Ende der Wand angekommen, wo sich uns ein super Ausblick bietet.
Allerdings ist das noch nicht ganz der Gipfel: es gibt noch einen Eispilz, der rechts Bonus in die Höhe ragt. Wir wollen versuchen, dort auch noch hochzukommen. Da Denni die letzte Länge geführt hat, bin ich nun an der Reihe, zu versuchen dort hochzukommen.
Nach ca. zwei Metern wird mir allerdings die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens bewusst, da mir quasi jeder Tritt unter den Füßen und jedes zweite Placement meiner Eisgeräte wegbrachte. Schnell also wieder runter, die Cordillera mit einem Gipfeljodler grüßen, Selfie machen und abseilen.
Der Rest des Tages wird im Zelt verbracht und gefaulenzt.eigentlich haben wir den darauffolgenden Tag als Pausetag eingeplant, da wir auch noch den auf der anderen Seite des Cols gelegenen Quitaraju über dessen mäßig steile Nordwand besteigen wollen.
Da wir allerdings keine Lust haben, uns einen kompletten Tag zu langweilen, beschließen wir, es gleich in der darauffolgenden Nacht zu versuchen. Das Prozedere ist anfangs das gleiche: um Mitternacht aufwachen, Kaffee, Travelluch, etc.
Wir laufen los, und auf dem Weg zum Bergschrund merke ich schon, dass ich nur mäßig fit bin. Am Bergschrund angelangt, muss ich mir dann eingestehen, dass die Höhe mir mal wieder ein Schnippchen geschlagen hat - ich bin alles andere als fit. Wir beschließen also die relativ kurze Kletterei (400 Höhenmeter) nicht anzugehen und zum Camp zurückzukehren. Noch nicht ganz sicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hab, fühle ich mich auf dem Rückweg bestätigt: ich torkele schon ein wenig und das bisschen Steigung, das wir überwinden müssen - und es ist wirklich minimalste Steigung - fühlt sich an wie der steilste Hang. Wir brauchen. Auch dementsprechend lange: um 4 Uhr falle ich in meinen Schlafsack. Nachdem wir spät am Morgen aufwachen, beschließen wir, abzusteigen - bis nach Llamacorral. Langer Weg, keine Esel, schwerer Rucksack. Ob das in meinem Zustand eine gute Idee ist? Ist es. Je tiefer wir kommen, je dicker die Luft wieder wird, desto Futter fühle ich mich und um sieben Uhr abends kommen wir nach einem langen Tag im Camp an. Am nächsten Tag geht es nah einem gemütlichen Frühstück nach Cashapampa und schließlich nach Huaraz, wo wir abends mit unseren amerikanischen Freunden und einer britischen Viererseilschaft, die gerade vom Chopicalqui zurückgekommen ist, und es leider auch, genau wie wir, nicht bis zum Gipfel geschafft hat, nett essen. Jetzt stehen ein paar Pausetage an, eventuell ein bisschen Sportklettern, viel essen und relaxen. Und dann wird natürlich überlegt, was wir hier noch so anstellen können.