Dienstag, 23. August 2016

Alpamayo (5947 m) - der Schöne und eine weitere Pleite

Alpamayo, oder auf Ancash-Quechua auch Shuyturahu - das ist der Berg, um den man nicht herumkommt, wenn man daran denkt, in Peru Bergsteigen zu gehen. Seine Bekanntheit verdankt er wahrscheinlich einem Fotowettbewerb des Magazins "Alpinismus" im Jhare 1966 im Rahmen dessen er zum schönsten Berg der Welt gekürt wurde. Ein schöner Berg ist er ohne Zweifel, doch ob er der schönste ist, ob es überhaupt einen schönsten gibt... Naja.
Auf jeden Fall stand seine Südwestwand, welche man normalerweise klettert natürlich ganz oben auf unserer Bucket-List, seitdem Denni und ich wussten, dass es nach Peru geht. Die Normalroute, auch " ist mit AD+ (assez difficile/ziemlich schwierig) bewertet. Allerdings wird sie seit mehreren Jahren wegen schlechter Bedingungen kaum mehr begangen. Heutzutage geht man die "Ferrari Route", benannt nach ihrem Erstbegeher, welche mit D+ (difficile/schwierig), also ein bisschen schwerer bewertet ist. Dadurch jedoch, dass sie so viel begangen wird, ist das Eis ziemlich eingehackt, was das ganze ein bisschen angenehmer gestaltet.
Denni und ich machen uns also auf den Weg. Da der Zustieg relativ lang ist, ist es ratsam, sich für die ersten zwei Tage Esel zu mieten, die einem den Weg im wahrsten Sinne des Wortes ein wenig erleichtern. Damit das ganze nicht zu teuer wird, bringen wir zwei Kollegen aus den Staaten dazu, uns zu begleiten. Wir fahren also mit dem Taxi nach Cashapampa (ca. 2900 m), dem Ausgangsmaterial für den beliebten Santa Cruz Trek, als auch den Alpamayo. Dort warten dann auch schon unsere Esel und ihr Treiber auf uns. Wir machen uns auf zu unserem ersten Camp: Llamacorral (3750 m). 
Das ganze kostet uns ca 3,5 Stunden. Dort angekommen, schlagen wir unser Camp am sich durchs grüne Tal schlängelnden Fluss zwischen weidenden Kühen und Eseln auf.
Nach einer angenehmen Nacht und einem leckeren Frühstück geht es am nächsten Tag um 8 Uhr weiter. Es wird ein langer Tag werden: die Esel begleiten uns bis zum Alpamayo-Basecamp (4300 m), was uns wiederum ca. 4 Stunden kostet. Leider müssen wir uns hier von unseren haarigen, teilnahmslosen Freunden verabschieden, unsere Lasten selber buckeln und weitere 600 Höhenmeter bis zum Moraine-Camp auf 4900 m zurücklegen.
Im Moraine-Camp hat man einen wunderbarem Blick
Alpamayo vom Moraine-Camp aus, ein traumhafter Abend, an dem der Vollmond die verschneiten Berge um uns herum wie Edelsteine schimmern lässt

Nach einer windigen Nacht erwartet uns am nächsten Tag der technischste Teil der ganzen Expedition: der Zustieg zum Col-Camp beinhaltet einen kurzen Gletscherhatsch, gefolgt von drei Seillängen Kletterei direkt aus Col. Die zweite Seillängen ist relativ einfaches Gelände, während die erste und die dritte Seillänge jeweils kurze Steileispassagen beinhalten, die allerdings auch ausgehackt und dadurch gut kletterbar sind. Allerdings machen es die Bomben auf unseren Rücken, die geschätzt irgendwas zwischen 17 und 20 kg wiegen, nicht gerade einfacher.
Die erste Länge im Zustieg zum Col-Camp: die Schwierigkeit hier ist ein ca. 10 m länger steiler Eisgully
Kurz vor dem Camp: auch die dritte Länge hat steiles Eis zu bieten
Das Camp auf dem Alpamayo-Quitaraju-Col

Als wir das Col endlich erreichen, richten wir uns für unsere bisher höchste Nacht ein - das Col liegt auf 5400 m. Es heißt also wie immer: Zelt aufbauen, einrichten, Schnee schmelzen, viel trinken, etwas essen,,Aspirin ist auch nicht verkehrt, dann noch 10 Minuten Hörbuch und um spätestens 7 Uhr Abend schlafen wir. Sollten wir zumindest. Ein bisschen später wird es dann doch - gar nicht so cool, denn um Mitternacht klingelt der Wecker. Aus dem Zelt heraus wird dann Wasser gekocht, für Kaffee und Travellunch. Irgendwann müssen wir aber doch die warme Geborgenheit unserer Schlafsäcke verlassen. Anziehen muss nicht sein, wir haben natürlich in voller Montur geschlafen. Also Schuhe an, raus aus dem Zelt, kletterbar tummeln die Hüfte, Steigeisen an die Füße, Rucksack auf den Buckel, Eisgerät in die Hand, sich ins Seil einbinden und Vamonos. Bis wir losgehen ist es schließlich einUhr morgens. Vor uns ist glücklicherweise nur eine Seilschaft, zwei nette Ecuadorianer, was für den Alpamayo keine Selbstverständlichkeit ist. Und wir haben auch noch so viel Glück, das die beiden kaum Eis auf uns regnen lassen (wobei sich ein bisschen Einschlag neunmal nicht vermeiden lässt). Unsere amerikanischen Freunde sind so nett, uns den Vortritt zu lassen. Am Bergschrund packen wir schließlich das zweite Halbseil aus, und richten uns ein ab jetzt Überschlag zu klettern. 
Ich sichere Denni in der ersten Länge vom Bergschrund aus

Die ersten beiden der insgesamt sieben Längen gehen leicht von der Hand: mäßig steiles Firngelände. Hier muss nicht viel gesichert werden. Denni übernimmt die Führung in der ersten Länge und rennt ohne Umschweife zum Stand (die glücklicherweise durch die vielen Begehungen gut eingerichtet sind). Ich folge, mache es in der zweiten Länge ähnlich und dann geht die eigentliche Kletterei los.
Nach der siebten Länge sind wir am Ende der Wand angekommen, wo sich uns ein super Ausblick bietet.
Allerdings ist das noch nicht ganz der Gipfel: es gibt noch einen Eispilz, der rechts Bonus in die Höhe ragt. Wir wollen versuchen, dort auch noch hochzukommen. Da Denni die letzte Länge geführt hat, bin ich nun an der Reihe, zu versuchen dort hochzukommen. 
Nach ca. zwei Metern wird mir allerdings die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens bewusst, da mir quasi jeder Tritt unter den Füßen und jedes zweite Placement meiner Eisgeräte wegbrachte. Schnell also wieder runter, die Cordillera mit einem Gipfeljodler grüßen, Selfie machen und abseilen.
Der Rest des Tages wird im Zelt verbracht und gefaulenzt.eigentlich haben wir den darauffolgenden Tag als Pausetag eingeplant, da wir auch noch den auf der anderen Seite des Cols gelegenen Quitaraju über dessen mäßig steile Nordwand besteigen wollen. 
Denni und ich vor der Südwestwand des Alpamayo

Da wir allerdings keine Lust haben, uns einen kompletten Tag zu langweilen, beschließen wir, es gleich in der darauffolgenden Nacht zu versuchen. Das Prozedere ist anfangs das gleiche: um Mitternacht aufwachen, Kaffee, Travelluch, etc.
Wir laufen los, und auf dem Weg zum Bergschrund merke ich schon, dass ich nur mäßig fit bin. Am Bergschrund angelangt, muss ich mir dann eingestehen, dass die Höhe mir mal wieder ein Schnippchen geschlagen hat - ich bin alles andere als fit. Wir beschließen also die relativ kurze Kletterei (400 Höhenmeter) nicht anzugehen und zum Camp zurückzukehren. Noch nicht ganz sicher, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hab, fühle ich mich auf dem Rückweg bestätigt: ich torkele schon ein wenig und das bisschen Steigung, das wir überwinden müssen - und es ist wirklich minimalste Steigung - fühlt sich an wie der steilste Hang. Wir brauchen. Auch dementsprechend lange: um 4 Uhr falle ich in meinen Schlafsack. Nachdem wir spät am Morgen aufwachen, beschließen wir, abzusteigen - bis nach Llamacorral. Langer Weg, keine Esel, schwerer Rucksack. Ob das in meinem Zustand eine gute Idee ist? Ist es. Je tiefer wir kommen, je dicker die Luft wieder wird, desto Futter fühle ich mich und um sieben Uhr abends kommen wir nach einem langen Tag im Camp an. Am nächsten Tag geht es nah einem gemütlichen Frühstück nach Cashapampa und schließlich nach Huaraz, wo wir abends mit unseren amerikanischen Freunden und einer britischen Viererseilschaft, die gerade vom Chopicalqui zurückgekommen ist, und es leider auch, genau wie wir, nicht bis zum Gipfel geschafft hat, nett essen. Jetzt stehen ein paar Pausetage an, eventuell ein bisschen Sportklettern, viel essen und relaxen. Und dann wird natürlich überlegt, was wir hier noch so anstellen können.



Sonntag, 14. August 2016

Versuch Chopicalqui (6354 m) - vom warten und es lassen können

Der Chopicalqui in der Abendsonne. Blick vom Moraine-Camp aus.



Glorreich wird diese Geschichte nicht, dafür aber ein bisschen länger.
Nachdem unsere beiden neuen finnischen Freunde zuvor am Chopicalqui, der an sich kein äußerst schwerer ist, dafür aber länger und schöner Gipfel, wegen schlechten Wetters und Krankheit gescheitert sind, haben Denni und ich beschlossen, sie bei ihrem zweiten Versuch zu begleiten. Solang man nicht klettern muss, sind Hochtouren in einer größeren Seilschaft, finde ich, einfach angenehmer.
Also starten wir los - der Plan ist folgender: Donnerstag in Huaraz los, sich vom Taxi abholen lassen, bis zum Moränencamp marschieren, am Freitag von dort auf den Gipfel (ganz schöner Hauer: sind immerhin ca. 1400 Höhenmeter von dort aus), wieder zurück zum Camp, noch eine Nacht schlafen und dann am Samstag wieder zurück. Jetzt ist es Sonntag und wir sind gerade erst zurückgekommen, allerdings heute nur zu dritt. Was ist passiert (Spoiler-Alert: kein großes Drama hat sich abgespielt, aber das Schicksal, oder der Berg, haben mal wieder gezeigt, was Ironie heißen kann).
Nun ja. Als wir also am Donnerstag los sind, war einer der Finnen schon wieder angeschlagen (im englischen nennt sich das "traveler's diarrhea".
Na gut. Er erholt sich in der Nacht, aber dafür wird sein Kollege, der das letzte mal schön krank war, wieder krank. Wir beschließen also, unseren Gipfeltag auf Samstag zu verlegen, ist ja kein Ding, haben zum Glück genug zu essen dabei. Leider ist das Wetter Samstag Nacht, sobald wir aufbrechen wollen, dann alles andere als erfreulich. 
Das Camp an der Moräne. Hier verbringen wir zwei Nächte.

Am eigentlichen Gipfeltag scouten Denni und ich den Weg vom Morainecamp zum Gletscher und versuchen von unten den Anfang des Weges durch den unübersichtlichen Bruch zu finden.

Dabei sehen wir eine Seilschaft zum Highcamp aufsteigen. Die sind allerdings schnell in dem Eisgewirr verschwunden, viel Aufschluss gibt uns das nicht



Als wir am Morgen aufwachen, ist strahlend blauer Himmel, schade für uns. Der kranke Kollege beschließt abzureisen, hinterlässt uns, was er noch an essen und Benzin für den Kocher hat, und außerdem seinen Seilpartner. Zu dritt beschließen wir, inklusive unserem kuscheligen zwei-Mann Zelt ins High Camp auf dem Gletscher (ca. auf 5300 m, also 400 m höher als das Morain Camp) umzuziehen, um von dort dann in der Nacht von Samstag auf Sonntag den Gipfel in Angriff zu nehmen. Als wir uns gerade ins Seil einbinden kommen uns drei Seilschaften entgegen, die ihrem Versuch Samstag morgen schon gewagt haben: auf 6050 m wegen Wind und Schnee umgedreht - ja klasse! Egal, man lässt sich nicht beeindrucken, ist ja ein schön wärmer Tag, Schnee kann sich solange setzten und Wind wird's bei uns nicht geben, der Berg ist uns sicher wohl gesinnt (Triebkraft hier bin wie meistens bei solchen Unterfangen allerdings nicht ich).
Wir Dackeln also die 400 Höhenmeter durch den zerklüfteten Gletscher bis zum High Camp: ein kuscheliges Örtchen mit riesen Aussicht, wobei der umliegende Gletscher hier den Granit aus den benachbarten Wänden magisch anzuziehen scheint: ständig kommt was runter. Meint Geographenherz schlägt höher, solch pathetisches Naturschauspiel aus nächster Nähe - und aus der Sicherheit des Camps miterleben zu dürfen.
Die letzten verbleibenden Stunden Tageslicht nutzen wir zum Schnee schmelzen und Nudeln kochen. Der Himmel verdunkelt sich allerdings schon vorzeitig und der Abend ist von Graupel - und noch mehr Graupel geprägt. Sorry Petrus, falsche Lieferadresse, hatten wir nicht bestellt. Er lässt ihn uns netterweise trotzdem da. Wir machen uns trotzdem eine kuschlige, frühe Nacht im Zelt, in der ich, als derjenige, der im Gräbele schlafen darf, nicht den meisten Schlaf finde. Zum Glück gibt's Smartphones und Hörbücher. Als wir dann um 01:30 Uhr am Morgen wieder Schnee schmelzen anfangen, hat Petrus das wohl doch noch richtig verstanden: eine sümpfte, sternenklare Nacht erwartet und außerhalb unserer vier Leinwände. Während Denni und Arrtu Schnee schmelzen, damit es lecker Instant-Kaffe und Travellunch gibt, ergattere ich mir Dennis Isomatte und döse noch ein bisschen. Meine Motivation war gelegentlich schon höher. Genauso mein Appetit, denn eine leichte Übelkeit hat mich nach meinem Halbschlaf begrüßt. Aber lass ich die beiden alleine losziehen? Nä Mann, die Loorbeeren des Gipfels sollen schon auch meinen Kopf zieren.
Als wir dann losmarschieren ist auch alles halb so wild: wir sind konditionell nicht schlecht drauf, die Sterne Lächeln uns entgegen, genauso wie der Schnee, der uns auf den Reiz unserer Stirnlampen hin verspielt zuzwinkert. Diese Einsamkeit zu dritt ist schön: die einzige Begleitung zwei weitere Stirnlampen, nur mit einem Seil mit meiner verbunden und das einzige was man hört - das knirschen des Schnees unter den drei paar Steigeisen. Die Welt beschränkt sich auf den Kegel deiner Lampe und nur gelegentlich scheint der Schatten eines Seracs oder die Leere einer Spalte deine Gedanken, die in andere Sphären jagen, dich in den Moment zurückzuholen. Die Luft ist frisch, aber für diese Höhe gar nicht unangenehm kalt. Auf einmal erscheint in deinem Augenwinkel etwas großes, orange blinkendes und du fragst dich vielleicht: wer hat unser Zelt angezündet, oder: wieso kommt da jetzt ein Auto um die Ecke, bis du nach erschreckend langer Zeit feststellst, dass du ins Tal blickst. Die Konturen hier verschwimmen. Was du wahrnimmst ist die Steile des Hanges, die Geschwindigkeit deiner Seilpartner und diesen unfassbaren Sternenhimmel. Wenn du für eine Sekunde deinen Blick vom Boden hebst, auf dem du nur die Spuren des Seils und der Steigeisen, der Pickel und Wanderstecken siehst, dann werden dir die Weiten des Alls offenbart und mit gar nicht allzu viel Glück siehst du die Sternschnuppen über den Himmel tanzen.

Jup, so ist das. Als wir dann ein flacheres Stück Hang erreichen, auf so ca. 5650 m, hat die Romantik leider ein Loch. Eins, das von uns in den Boden gegraben wird, da uns die Krankheit nun auch eingeholt hat. Details sind hier glaube ich nicht von Interesse, auf jeden Fall führt es dazu, dass wir am frühen Morgen des Sonntags beschließen, dass es wohl keinen Sinn macht, selber nachzuschauen, ob sich der Schnee auf den letzten 300 Metern des Berges schon gesetzt hat. Für uns geht's früher runter. Als wir Richtung High Camp kommen, traut sich die Sonne, uns hinter verschneiten, wunderschönen Gipfel zuzulächeln und es entpuppt sich ein wunderbarer Morgen, ein Anblick für Leib und Seele. Es wäre auch ein wunderbarer Gipfeltag gewesen, aber soll halt nicht immer sein. Entscheidung getroffen, nicht hadern, weitermachen. Wir packen das High Camp zusammen, durch den Bruch runter zum Moränencamp. Als Abschied lässt sich der Gletscher noch wunderbare Setzungsgeräusche entlocken, die einem Respekt einflößen. Dann werden unsere Hinterbleibsel am Moränencamp eingepackt und es geht weiter runter, bis zum (ich weiß, ich schwärme viel zu viel) sehr zum Bleiben einladenden, paradiesischen Base Camp, durch welches nach einem kurzen Pläuschchen mit der Seilschaft, die wir zuvor am Gletscher getroffen hatten, schnurstracks durchmaschiert wird, bis wir an der Straße ein Auto finden und nach mehrmaligen umsteigen schließlich wieder im Monkeywasi landen. Maltretierte Mägen Rauchen auf Reisen immer kontinentale Küche, deswegen geht's heute Abend mit den Finnen zum Plaza Roja Burger essen und dann überlegen Denni und ich uns morgen, wie es weiter geht. Wenn man gerade vom Berg kommt, dann hat der Tag schon genug Berg gesehen.
Bilder folgen hoffentlich bald, viele gibt's nicht, aber ein paar nette werden schon dabei sein. Auf bald, liebe Freunde!

Weg vom sehr schön gelegenen Base Camp zur Straße

Mittwoch, 10. August 2016

Einmal Taxi - mit Verfolgungsjagd bitte!

Gestern Abend haben Denni und ich mit unsere zwei finnischen Freunden beschlossen, dass wir die nächste Tour zusammen machen werden. Das verschob unseren Aufbruch allerdings einen Tag nach hinten, da die Finnen gerade erst vom Artesonraju zurückgekommen waren.
Um den Pausetag nicht ganz sinnlos verstreichen zu lassen und ich außerdem mal wieder andere Farben außer dem gelb der Hostel-Wände sehen wollte, beschlossen wir, in der Umgebung von Huaraz bouldern zu gehen. Mit im Boot waren außer Denni und mir Arttu (einer der beiden Finnen) und Katy. Als Crashpad auf den Buckel, rein ins Taxi, raus aus dem Taxi und schon am bouldern. Also die anderen. Ich eher weniger, da ich mich noch ein bisschen schonen sollte. Auf dem Rückweg stiegen wir wieder in ein Taxi - business as usual. Interessant wurde diese Fahrt allerdings, als wir kurz vor dem Hostel auf einen Police-Checkpoint zufuhren. Der Fahrer biegt davor also rechts ab, leider zu spät - schon haben wir eine Polizistin auf dem Motorrad auf den Fersen, die unseren Fahrer mit Geschrei und Blaulicht zum anhalten bewegen will. Dieser fragt uns völlig unbeeindruckt, ob es okay sei, wen er sie erst abhängt und uns dann absetzt. Wir haben damit kein Problem, eine Wahl haben wir wahrscheinlich sowieso nicht. Los geht die Verfolgungsjagd, fast schon filmreif. Nach etwa einer viertel Stunde schafft es die Polizistin schließlich, die zweispurige Straße durch die beiden Wagen vor uns, die nun nicht mehr weiterfahren, zu blockieren und unser Fahrer beginnt zu rangieren - aber wohin? Auch hinter uns sind Autos. Die Polizistin steigt vom Motorrad und Strecke ihre gezückte Waffe durch das Fahrerfenster und die beiden fangen lauthals das diskutieren an und auf einmal stehen um die 15 Polizisten um das Auto rum. Wir schauen dem ganzen Spektakel noch eine Weile zu, bevor wir uns entschließen, mangels der Aussicht, mit diesem Taxi noch in die Nähe des Monkeywasis zu kommen, doch noch ein anderes Taxi zu nehmen. Gesagt getan, ab geht's ins nächste unregistrierte Taxi. Vielleicht ja diesmal ohne Polizei.

Samstag, 6. August 2016

Huarapasca (5414 m)

Als sich bei uns im selbst ernannten Kletterhostel Monkeywasi in Huaraz die Gedanken um unseren ersten Gipfel drehten, kamen uns zwei finnische Kletterer unseren Alters zur Hilfe: ganz im Süden der Cordillera, quasi gegenüber des Pastoruri-Gletscher, gebe es einen nicht allzu oft begangenen Gipfel - den Huarapasca. Mit dem Taxi könne man sich bis quasi vor das Basecamp fahren lassen (nur ca. Eine dreiviertel Stunde Zustieg) und am nächsten Tag ginge es dann mit ca. 600 Höhenmetern über die Südwand zum Gipfel. Das hört sich verlockend an. Also gehen Denni und ich ein Taxi organisieren, packen und am nächsten Tag geht es dann los. Huaraz wird wieder Richtung Süden verlassen, nach einer Stunde biegt man von der Talstraße Richtung Osten ab, um dann gemütliche eineinhalb Stunden in dem klapprigen Toyota Stationwagon über die Schotterpiste zu zuckeln.

Als wir also schon durch das südliche Ende des Huascarán Nationalparks fahren, stoppen wir, um das Wahrzeichen Perus aus nächster Nähe zu betrachten: die doch sehr hoch gewachsene Puya raimondii, welche leider sehr selten geworden ist: sie wächst zwischen 3500 und 4000-irgendwas Metern. Brennstoff ist in diesen Höhen leider eher selten, also nimmt man, was man kriegen kann. Zum anderen birgt die stachelige Pflanze auch die Gefahr, dass sich die Weidetiere an ihr verletzten. Fällt man die also, schlägt man zwei Fliegen mit einer Klappe.
Der Zustieg zum Camp. Von hier sieht man schon den Großteil der unteren Wand, welche es morgen zu klettern gilt.
Am Basecamp angekommen, kommen wir in einen kurzen Hagelschauer. Wir lassen uns davon nicht sonderlich beeindrucken, da wir wissen, dass diese meist nur von kurzer Dauer sind.
Dafür bietet sich uns ein wunderbares Spektakel. Inzwischen hat es bei uns das Hageln aufgehört, doch die Natur malt uns ein eindrucksvolles Gemälde, in welchem das Licht mit den dunklen Wolken, den Schauern, welche sich aus diesem ergießen und den südlich gelegenen Gipfeln spielt.
Wir kochen, essen und als es dunkel wird, lernt Denni seine Kamera besser kennen. Das untere Bild ist das Resultat.
Als der Wecker um 3:45 Uhr klingelt, kochen wir Wasser aus dem Zelt heraus und genießen unsere Haferflocken in der gemütlichen Wärme unserer Schlafsäcke. Bevor es losgeht gilt es, mehr Wasser abzukochen, da wir dem mehr oder weniger stehenden Wasser des nahegelegenen Tümpels nicht ganz trauen. Nur leider Versagen uns beide Feuerzeuge. Wir sind nicht begeistert, allerdings kriegen wir den Kocher nach mehreren Rückschlägen dann doch noch irgendwie in Gang.
Der Zustieg über die Moränenlandschaft, der eigentlich komplett im Dunkeln geplant war, verzögert sich so und wir finden erst im dunkeln, dann im Nebel unseren Weg zum Einstieg, wobei wir die erste halbe Länge seitlich umgehen, da über ihr ein paar beachtlich große Steine in der Wand thronen, gegen welche unsere Helme nicht mehr ausrichten könnten, als eine Eierschale.
Denni klettert dann endlich los. Der Nebel stört uns erstmal nicht, da die Orientierung in der Wand selber nicht wirklich schwer ist. Auffi halt! Für den oberen Teil bauen wir darauf, dass es dann doch noch aufklart...
... was es schließlich auch tut. Noch in der ersten Länge fliegt mir eine Eisschraube entgegen... Und leider an mir vorbei. Nichts zu machen, trotzdem klettern, haben ja noch genug. Mit etwas Glück finden wir sie auf dem Rückweg. Ich kann ungefähr sehen, wo sie gelandet ist.
Nach ein paar Seillängen, die technisch zwar nicht anspruchsvoll, dennoch sehr anstrengend sind, kommen wir schließlich auf ein Plateau. Von hier aus sieht man den Gipfel mit einer zweiten, kürzeren Wand. Zudem sprießen hier flache, vom Wind gebeugte Eiszacken aus dem Boden, deren Entstehung uns Rätsel aufgibt. Zwar sind sie schön anzuschauen, aber nicht sehr angenehm zum gehen. Wir legen hier eine kurze Pause ein, trinken einen Schluck und nagen an einem Snickers - Mittagessen.
Schließlich klettern wir die letzten beiden Seillängen. Einfacher zu klettern, schlechter abzusichern. Ist aber weiter nicht das Problem, da ein Sturz zum einen nicht sehr problematisch, zum anderen eher unwahrscheinlich ist. 
Wir gehen die letzten Meter zum Gipfel (auf die Wächte achten!), machen den obligatorischen Gipfelselfie und lassen es uns nicht nehmen, als Gruß an die Heimat den ebenso obligatorischen Gipfeljodler nach Osten in die Sphären der Cordillera zu entlassen.
Anschließendßend geht es wieder runter: das einfachere Gelände wird abgeklettert, der Rest abgeseilt. Glücklicherweise wird die Route anscheinend doch oft genug begangen, sodass wir nicht viel machen müssen: wir finden genug Firnanker und Abalakows um uns relativ schnell den Weg nach unten zu bahnen. Der ein oder andere Anker muss zwar neu platziert werden, die ein oder andere Eissanduhr hintersichert werden, aber es geht relativ zügig.
Die letzte Länge zurück auf die Moräne wollen wir besonders schnell hinter uns bringen, denn hier fliegen inzwischen ein paar Steine. Wir finden zum Glück noch die verlorene Schraube (sie scheint den Sturz relativ gut überlebt zu haben) und machen uns auf dem Weg zum Camp.
Sei es die Höhe, oder das wenige Essen/Trinken während des Kletterns. Wir sind doch ziemlich gerädert, als wir am Camp ankommen. Es wird kurz relaxed und dann alles zusammengepackt, was nicht leicht ist, da inzwischen eine gewisse Lethargie von uns Besitz ergriffen hat. Auf dem Weg vom Camp zur Straße ist mein Kopf vollkommen auf Autopilot. Unten angekommen wird die Isomatte wieder ausgepackt, auf der quasi nicht befahrenen Straße ausgebreitet und genüßlich benutzt. Schließlich kommt unser Taxi und wir zuckeln zurück vor die Haustür unseres momentanen Zuhause.
Das war gestern. Heute ist Rambazamba in der Stadt, ein nettes Spektakel, mit viel Tanz und Musik, welches wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück mit Guacamole (las paltas son rrrrico en Peru!), Pfannkuchen u.v.m. kurz anschauen. Das Blasorchester begleitet uns den ganzen Tag. Normaler peruanischer Samstag halt. Einen Großteil des Tages verbringen wir dennoch im Monkeywasi und räumen auf, waschen, lesen und essen. Ich muss zudem schauen, dass ich mich ein bisschen schone, da die Krankheitswelle, die gerade im Hostel rumgeht, keinen Bogen um mich zu machen scheint. Morgen wird dann weiter gedacht, was als nächstes ansteht.











Dienstag, 2. August 2016

Hatun Machay - im steinernen Wald

Hatun Machay.... Sagenhaftes Sportklettergebiet ca. eine Stunde südlich von Huaraz, auf ca. 4300 m. ü. Nn. gelegen. Super schöne Landschaft und es gibt eine Hütte. Es kursieren momentan die wildesten Gerüchte, was passiert sei. Fakt ist, dass leider bei vielen der eingebohrten Routen die ersten paar Bolts fehlen und die Hütte nicht mehr bewirtschaftet ist, wobei das meiste, was man für ein gemütliches Hüttenleben braucht, auch nicht mehr vorhanden ist. Der eigentlich Wirt ist weg und nun passen gelegentlich einige Leute der Gemeinde auf das nette Haus auf, das ansonsten den Klettern überlassen ist. Das ist auf jeden Fall der Ort, an den sich Denni und ich als ersten kleinen Trip von Huaraz aus aufmachen.
Wir packen und nehmen einen Bus nach Süden. Dieser wirft uns am kilómetro 131 raus. Viel gibt es hier nicht, brauchen wir auch nicht, außer den Weg zur Hütte. Der ist da. Es ist kein anspruchsvoller Zustieg, dafür umso malerischer. Die einzige Krux sind die Schäferhunde, die nur allzu gut auf ihre Herde aufpassen und Denni und mich einen Großteil des Weges mit ihrem Gebell begleiten. Wir lassen uns Zeit, denn, wie schon zuvor erwähnt... Höhe.




Am Refugio angekommen suchen wir uns einen geeigneten Schlafplatz. Das Zelt haben wir umsonst mitgeschleppt, denn wir dürfen in dieser kleinen Hütte rechts nächtigen. Ein unerwarteter Luxus.
Sowie wir ankommen, sehen wir einige Zelte, die, wie sich später herausstellt, hauptsächlich von einer venezuelanischen Expedition belegt werden. Zudem sind hier noch zwei chilenische Mädls am klettern und wir lernen auch noch Franco und Hugo kennen (die beide zufälligerweise Englisch sprechen), mit denen wir auch die nächsten Tage verbringen. Franco ist Argentinier, fast am Ende seines Trips in Peru, er war hier Bergsteigen. Hugo ist aus Lima. Er klettert auch ein bisschen. Aber seine eigentlich Stärke liegt, wie sich später herausstellen wird, beim high-linen.


Am nächsten Tag machen wir uns also mit unseren beiden neuen Freunde auf den Weg, die Gegend zu erkunden und einen Sektor zu finden, in dem keine Bolts fehlen.



Finden wir schließlich: und zwar die Sektoren Los Españoles und Fideo Brichero, welche uns wunderbare Kletterei bieten und praktischerweise direkt nebeneinander liegen, was bei dem weitläufigen Gebiet hier keine Selbstverständlichkeit ist. Hier treffen wir auch die chilenischen Mädls wieder und zudem zwei super nette Münchener.




Am nächsten Tag machen wir uns also erneut auf den Weg. Denni ist heute leider beim klettern raus und auch Hugo wird nicht viel klettern, vielleicht auch besser so, denn man kriegt das Gefühl, er nimmt die spanische Anfeuerung "a muerte" fast zu wörtlich.


Wir finden noch einen Sektor, für den sich das suchen gelohnt hat: La Via Láctea.


Das ist Hugo bei einem seiner "a muerte"-Versuche.


Da Denni heute nicht klettert, bringt er sich in gute Positionen, um uns schöne Erinnerungen zu bescheren.




Nachdem wir einige Routen geklettert sind, entscheiden wir uns, mit Hugos Hilfe unser Glück beim High Linen zu versuchen. Also ziehen wir ab und bauen in den Abendstunden noch die Line auf.



Und Hugo zeigt uns, wie man das macht (wie zu erwarten, kriegt es später keiner von uns anderen dreien auf die Reihe, an Spaß mangelt es trotz alledem nicht).



Da es dann doch relativ bald dunkel wird, lassen wir die Line für den nächsten morgen gespannt und gehen zurück zum Refuge, kochen auf und lassen den Tag Revue passieren.


Denni schafft es zudem noch, den unglaublichen Nachthimmel einzufangen: Starrt man nur lang genug in die Weiten des Alls, scheinen die Sterne und Planeten das Tanzen anzufangen und man kann, im Bann dieses magischen Anblickes, nachvollziehen, wie James Cameron sich für Avatar hat inspirieren lassen.


Bevor wir am nächsten morgen wieder Richtung Huaraz verschwinden, versuchen wir uns noch ein letztes Mal an der High Line. Klappen tut's wieder nicht, aber für ein bisschen Schmarrn machen reicht's allemal.






Wenn man jemanden auf der Line stehen sieht, ist das übrigens immer Hugo.

Nunja, jetzt sitzen Denni und ich wieder im Monkeywasi Hostel in Huaraz und genießen den restlichen Tag, den wir mit faulenzen verbringen. Wir haben nun endlich unser kleines, aber feines Zimmer im Hostel bezogen, welches für den kommenden Monat unsere Heimat sein soll. Wir werden noch ein bisschen in die Stadt schauen und morgen wird überlegt, was als nächstes ansteht und rumorganisiert...